erschienen März 2013, WIR Magazin Nr.207

Peinlich, peinlich

Mann ist mir das peinlich, gesteht meine Freundin Kerstin ihren jüngsten Fauxpas. Herr Kloß,erzählt sie mit hochrotem Kopf, so heißt ein wichtiger Geschäftspartner von ihr. Und dieser ist trotz seines rundlichen Namens ein eher ungemütlicher Typ,der auch das kleinste Haar in der Suppe findet und sofort meckert. Ein hyperkorrekter Erbsenzähler also. Also diesem Herrn Kloß habe sie ein Angebot geschrieben. Per Mail. Und dann gesendet. Und in dem Augenblick als es Klick machte gemerkt, dass sie
"Sehr geehrter Kloß" anstelle von "Sehr geehrter Herr
Kloß", geschrieben habe.

Das ist peinlich, stimme ich Kerstin zu und verkneife mir tapfer ein Grinsen. Also versuche ich Kerstin zu trösten. Auf einer Top-Ten-Skala der Peinlichkeiten, sage ich, erreicht dein Kloß-Klops gerade mal das untere Mittelfeld. Es gibt viel peinlicheres. Zu spät kommen, sage ich. Ist unhöflich und peinlich. Oder unpassend kommen, ergänzt Kerstin: mit offenem Hosenstall zum Bewerbungsgespräch. Denk doch nur an die berühmte Loriot-Nudel, werfe ich ein.Oder der "Oh happy day"-Song als Klingelton auf einer Beerdigung,erzählt Kerstin. Das sei mal einem Freund von ihr passiert. Wir sammeln weitere peinliche Situationen und amüsieren uns dabei königlich. Lachen hilft. Vor allem, wenn man über andere lacht. Schon bald hat Kerstin ihren Fauxpas
vergessen. Oder zumindest erfolgreich verdrängt.

Zwei Tage später ruft sie mich an. "Rate mal", meint sie, "wen ich heute getroffen habe. Auf dem Wochenmarkt. Meinen Herrn Kloß. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. Er kam bereits mürrisch auf mich zu. Doch da tauchte Frau Kloß von der anderen Seite auf. Ebenso rundlich wie ihr Gatte, aber bestens gelaunt. Da bist du mein Klößchen, hat sie quer über den Wochenmarkt gejubelt, so laut, dass es wirklich jeder hören konnte." "Und Herr Kloß?", will ich wissen. "Verdutzt geschaut hat er und dann - losgeprustet. Aus vollem Hals. Ist fast geplatzt vor Lachen. Hat seine runde Eheliebste in den
Arm genommen und mir freundlich zugegrüßt, als sei nie was gewesen."

Na also, denke ich. Wenn's peinlich ist, Lachen hilft. Am besten mitlachen. Es hilft immer sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen. Dann wiegen auch die täglichen
kleinen Missgeschicke nicht so schwer.

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© Britta Röder

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